Ratgeber für AT-Angestellte

Informationen und Tipps rund um das außertarifliche Arbeitsverhältnis

23.03.2021 | Außertarifliche (AT) Angestellte sind eine wachsende Gruppe von Beschäftigten. Immer mehr Tarifangestellte bekommen die speziellen AT-Verträge angeboten. Auf den ersten Blick erscheint das positiv, denn für viele ist dies ein Schritt nach oben auf der Karriereleiter. Doch genaues Hinsehen lohnt sich. Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um das AT-Beschäftigungsverhältnis.

In der betrieblichen Hierarchie sind AT-Angestellte in der Regel zwischen den tariflich Beschäftigten und den leitenden Angestellten eingeordnet, sie sind häufig Führungskräfte auf der mittleren Ebene, aber auch Spezialist*innen mit besonderen Qualifikationsanforderungen. Ihre Vergütung muss per Definition oberhalb der höchsten tariflichen Entgeltgruppe liegen.  Leider kann man bei genauem Hinsehen feststellen, dass AT-Verträge nicht selten dazu benutzt werden, Mehrarbeit pauschal mit dem Gehalt abzugelten und tarifvertragliche Regelungen zu umgehen. Ob dies der Fall ist und das höhere Entgelt für die längere Arbeitszeit angemessen ist, sollte -wie viele weitere Vertragsbestandteile- vor einer Unterschrift geprüft werden!


Wer gilt als außertariflich (AT)-Beschäftigte/r?

Je nach Branche und Region gibt es zum Teil sehr unterschiedliche Definitionen für AT-Beschäftigte. Diese ergeben sich aus dem persönlichen Geltungsbereich des jeweiligen Tarifvertrages. Grundsätzlich lässt sich sagen: Als "außertariflich" gelten Beschäftigte in der Regel, wenn

  • sie mit einer Aufgabe betraut sind, die höhere Anforderungen stellt, als sie für die höchste tarifliche Vergütungsgruppe definiert ist und/oder
  • sie ein Entgelt oberhalb der höchsten tariflichen Vergütungsgruppe und -stufe erhalten (teilweise wird dafür ein Mindestabstand definiert)
  • sie einen individuellen AT-Arbeitsvertrag haben.


Sind AT-Beschäftigte automatisch "leitende Angestellte"?

Nein. Beschäftigte mit AT-Verträgen sind nicht zwangsläufig auch leitende Angestellte. Lediglich ein (in der Regel) kleiner Teil aller AT-Beschäftigten in Unternehmen hat auch eine leitende Funktion. Leitende/r Angestellte/r ist, nach Rechtsprechung, wer beispielsweise Beschäftigte selbstständig einstellen und entlassen kann, Prokura besitzt oder z. B. unternehmerische Entscheidungen maßgeblich beeinflussen kann. Leitende Angestellte übernehmen somit teilweise Arbeitgeberfunktionen. Hieraus ergeben sich bestimmte Sonderregelungen, wie zum Beispiel, dass das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) keine Anwendung findet oder ein eingeschränkter Kündigungsschutz gem. § 14 Kündigungsschutzgesetz /KSchG).


Ist der Betriebsrat auch für AT-Beschäftigte zuständig?

Ja. Das BetrVG legt fest, dass der Betriebsrat von Tarifangestellten und von AT-Angestellten gewählt wird, um ihre Interessen zu vertreten. Lediglich leitende Angestellte sind davon ausgenommen. Der Betriebsrat kennt das Unternehmen und hat einen guten Überblick über die geltenden Gesetze, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen. In den Betriebsvereinbarungen kann der Betriebsrat mit dem Arbeitgeber verbindliche Regeln für die AT-Beschäftigten zu Arbeitszeiten, Gehaltsstrukturen, Urlaubsansprüchen und Bonuszahlungen festlegen. Wichtig ist: AT-Angestellte sind bei der Betriebsratswahl wahlberechtigt und können auch kandidieren. Diese Möglichkeit sollten sie nutzen! Nur so können die Interessen der AT-Angestellten und ihre speziellen Anliegen eingebracht und umgesetzt werden.


Arbeitsvertrag, Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge, Gesetze

Regelungen zu Arbeitszeit, Einkommen, Urlaub, etc. finden sich in unterschiedlichen Rechtsquellen. Alle Quellen sind hierarchisch zueinander geordnet: An unterster Stelle steht der Arbeitsvertrag. Übergeordnet sind die Regelungen aus Betriebsvereinbarungen, darüber stehen Tarifverträge, anschließend Verordnungen und Gesetze. Die jeweils höhere Ebene setzt Mindeststandards für die Ebene darunter (Rangprinzip). Keine Bestimmung darf gegen die nächst höhere verstoßen. Sollte dies dennoch der Fall sein, greift das Günstigkeitsprinzip: Für die Beschäftigten gilt die jeweils günstigere Regelung!


Was bringt mir als AT-Beschäftigte/r ein Tarifvertrag?

Wer AT-Angestellter ist, bestimmen exklusiv die Tarifparteien. D. h., Arbeitgeber und Arbeitnehmer können grundsätzlich nicht frei vereinbaren, ob es sich bei einem Arbeitnehmer um einen AT-Angestellten handelt oder nicht. Entscheidend ist allein die objektive Rechtslage, die sich aus dem für den Betrieb einschlägigen Tarifvertrag ergibt. Daraus folgt auch, dass ein Betrieb nur außertarifliche Angestellte haben kann, wenn im Betrieb ein Tarifvertrag besteht. Nur wo ein Tarifvertrag vereinbart ist, gibt es Außerhalb des Tarifvertrags Beschäftigte (AT), deren Gehalt oberhalb der tariflichen Entgelte liegen muss. In den meisten Tarifverträgen ist eine AT-Abgrenzung oder ein Mindestabstand geregelt. Somit profitieren auch AT-Beschäftigte von erfolgreichen Tarifverhandlungen, da der Tarifvertrag die Untergrenze für das AT-Entgelt bildet. 


Welche Arbeitszeitregelungen gelten für AT-Beschäftigte?

Die Arbeitszeit von AT-Beschäftigten ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag und den geltenden Gesetzen. Die Ausgestaltung der Arbeitszeit kann dagegen auch auf Grundlage einer Betriebsvereinbarung geregelt sein. Liegen Betriebsvereinbarungen über Arbeitszeit, Gleitzeit oder Arbeitszeitkonten ohne Einschränkungen vor, so haben auch AT-Angestellte einen Nutzen davon. In jedem Fall gelten die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes: Es sieht einen 8-Stunden-Tag vor und erlaubt maximal eine 48-Stunden-Woche, schreibt eine 30- bzw. 45-minütige Pause vor und sieht eine 11-stündige Ruhepause zwischen zwei Arbeitstagen vor. Die Arbeitszeit kann auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb eines Zeitraums von 6 Kalendermonaten 8 Stunden täglich nicht überschritten werden. 


AT-Vertrag oder Arbeitszeit-Flatrate?

Nicht überall, wo AT draufsteht, ist auch tatsächlich AT drin! Viele Beschäftigte verbinden mit dem Unterzeichnen eines AT-Vertrages einen Statusgewinn. Doch die Praxis zeigt, dass Arbeitgeber den Begriff "AT" immer wieder dafür nutzen, Mehrarbeit pauschal mit dem Gehalt abzugelten. Das bedeutet: Anders als bei Tarifbeschäftigten werden Überstunden nicht gesondert vergütet - und es gibt auch keinen Freizeitausgleich. Wer nicht nur den Statusgewinn, sondern auch eine entsprechende Vergütung möchte, sollte seine AT-Konditionen deshalb unbedingt mit denen des jeweils gültigen Tarifvertrages vergleichen. Dabei gibt es eine Menge zu beachten. Informationen gibt es beim IG Metall Betriebsrat oder bei der IG Metall Neustadt.

Achtung: Die Klausel "Mehrarbeit ist mit dem Gehalt abgegolten" ist unzulässig. Sie entspricht nicht dem Transparenzgesetz (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) und verstößt gegen den Grundsatz, dass jede geleistete Arbeit zu bezahlen ist (§ 611 BGB). Eine Klausel zu Überstunden im Arbeitsvertrag muss mindestens so formuliert sein, dass für den/die Arbeitnehmer*in bereits bei Vertragsschluss erkennbar ist, was das gegebenenfalls in der Praxis bedeutet und welche Leistung für die vereinbarte Vergütung maximal erbracht werden muss.

Von: as

Unsere Social Media Kanäle